In Sonntagsreden lobt die Politik die Pflegekräfte als „systemrelevant“ und „unverzichtbar“. Doch wer einen Blick hinter die Kulissen der ambulanten Pflege wirft, sieht schnell: Das sind nur leere Worte. Die Wirklichkeit ist brutal. Besonders kleine, unabhängige Pflegedienste kämpfen jeden Tag ums nackte Überleben – gegen ein System, das ihnen kaum Luft zum Atmen lässt.

Während große Träger mit politischer Rückendeckung, juristischem Beistand und eingespielten Abrechnungsstrukturen durch das System navigieren können, werden kleine Betriebe mit Hürden, Schikanen und extremen Verzögerungen regelrecht in die Knie gezwungen. Es ist keine Übertreibung zu sagen: Dieses System ist so gebaut, dass es kleine Pflegedienste zermalmt.

1. Finanzierung: Zwei Klassen in der Pflege

Der Kern des Problems ist die völlig ungleiche Finanzierung. Große Träger verhandeln pauschale Vergütungssätze, haben Einfluss auf Entscheidungen und ein ganzes Team für Abrechnungen und Rechtsfragen. Kleine Dienste hingegen müssen jeden Cent einzeln abrechnen – und das oft unter Bedingungen, die ihnen keinerlei Planungssicherheit geben.

Die Krankenkassen brauchen teils bis zu drei Monate, um Leistungen zu genehmigen. In dieser Zeit arbeiten die Dienste bereits, fahren raus zu den Patient*innen, leisten Pflege – ohne zu wissen, ob sie dafür jemals Geld sehen. Und wenn Leistungen dann doch abgelehnt werden, bleibt der kleine Dienst auf den Kosten sitzen. Nicht selten braucht es Widersprüche, Nachweise, medizinische Gutachten, um überhaupt das zu bekommen, was eigentlich gesetzlich zusteht. Das kostet Zeit, Kraft – und Geld, das man nicht hat.

2. Sozialämter zahlen mit absurden Verzögerungen

Wer auf Sozialhilfe angewiesen ist, landet in einer weiteren Kafka-ähnlichen Bürokratie. Es ist inzwischen üblich, dass Sozialämter 12 bis 14 Monate brauchen, um überhaupt zu zahlen. Ein ganzes Jahr also, in dem kleine Pflegedienste vorstrecken müssen – obwohl sie selbst kaum finanzielle Rücklagen haben. Das ist nicht tragbar. Kein Unternehmen überlebt solche Zustände lange. Große Träger können das vielleicht auffangen – kleine Unternehmen dagegen gehen daran kaputt.

3. Personalkosten steigen – aber keine Entlastung

Gleichzeitig steigen die Löhne in der Pflege, was an sich richtig und längst überfällig ist. Doch was viele nicht sehen: Für kleine Pflegedienste ist das ein weiterer Sargnagel. Denn höhere Löhne bedeuten höhere Kosten – ohne dass die Refinanzierung rechtzeitig oder überhaupt angepasst wird. Die Folge: Es bleibt kein Spielraum mehr für Investitionen, Notfälle oder Personalreserven. Jeder Ausfall, jeder Rückschlag kann das wirtschaftliche Aus bedeuten.

4. Bürokratie frisst Pflegezeit

Hinzu kommt ein immer dichter werdender Dschungel aus Vorschriften, Dokumentationspflichten, Nachweisen, Kontrollen. Die Pflegekräfte sind längst nicht mehr nur Pflegende – sie sind auch Verwaltungsangestellte, IT-Fachkräfte, Sozialarbeiterinnen, Konfliktmanagerinnen. Und der Druck wächst. Jeder Fehler kann bedeuten, dass Leistungen nicht anerkannt oder Honorare gekürzt werden. Viele kleine Dienste sind schlicht überfordert – nicht, weil sie inkompetent wären, sondern weil das System sie überrollt.

5. Fazit: Ein System, das kaputt macht – mit voller Absicht?

Die traurige Wahrheit ist: Kleine, familiäre Pflegedienste – oft mit viel Herzblut aufgebaut – haben kaum noch eine Überlebenschance. Sie werden durch ein undurchschaubares, feindseliges System aus Bürokratie, finanzieller Unsicherheit und ungleichen Machtverhältnissen systematisch benachteiligt. Während Konzerne wachsen, Personal bündeln und Einfluss ausüben, bleiben kleine Betriebe auf der Strecke.

Das ist nicht nur wirtschaftlich fatal – es ist auch gesellschaftlich gefährlich. Denn gerade die kleinen Dienste sind oft die, die am engsten mit den Menschen vor Ort verbunden sind. Die ihre Patient*innen noch beim Namen kennen. Die menschlich arbeiten – nicht nach Taktung und Schema F.

Wenn wir so weitermachen, wird die ambulante Pflege bald nur noch aus anonymen Großstrukturen bestehen – mit allem, was das für Pflegequalität, Menschlichkeit und persönliche Nähe bedeutet.

Wer Pflege kaputt spart, spart an der Würde. Und wenn kleine Pflegedienste sterben, stirbt mit ihnen ein Stück Menschlichkeit in unserem System.

1 thoughts on “„Ambulante Pflege im Würgegriff – Wie kleine Pflegedienste systematisch kaputt gemacht werden“

  1. Erinnert mich irgendwie an die Baubranche und kleine Betriebe die für Gemeinden oder andere staatliche Einrichtungen arbeiteten. Da wird dann so lange gewartet, jeder ach so kleinste Mangel muß behoben werden bis gezahlt wird wenn überhaupt. War früher so 2010 der Zeitraum. Da haben viele gar nicht mehr für die Gemeinden gearbeitet. Liebe Grüße P.S. Fang jetzt bloß nicht auch an zu Gendern

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