Nachdem Telefonat mit der Ärztekammer sind zwei, drei Tage vergangen, bis mein Telefon endlich klingelte und ich einen seltsamen Anruf erhielt.
Ein Anwalt, er stellte sich kurz vor und dass er mich 20 Minuten beraten darf, deshalb ist es wichtig, dass ich jetzt genau zuhöre und er mir nur den Tipp geben kann, dass ich ein Blatt Papier und einen Stift holen soll, denn er darf im Gespräch nichts wiederholen und nichts diktieren.
Ich kam mir wieder vor wie in einem abgefahrenen Film. Ist das alles echt? Was ist das alles für ein kranker Wahnsinn? Wo bin ich hier nur? Egal. Ich hab eh keine andere Wahl oder Option, also folgte ich den Anweisungen die man mir gab und holte die Utensilien, notierte mir Paragraphen und andere Dinge, die der Herr mir mitteilte.
Auf der neuen Station gab es immerhin mehr Pfleger die noch ein Gewissen und Menschlichkeit besaßen und diese haben Papa etwas regelmäßiger versorgt. Trotzdem passierten lauter fahrlässige und fatale Fehler! Ich versuche meine Wut nicht auf die einzelnen Menschen zu übertragen, sondern auf das System und die Politik, den Kapitalismus. Das ist echt nicht einfach, sondern einer der schwierigsten Aufgaben in meinem Leben.
Ich weiß noch wie ich den einen Tag wieder zu meinen Vater ins Krankenhaus ging, dies war wieder ein Horror-Tag.
Vom Gefühl konnte ich außer selbständig atmen nichts mehr, meine Kräfte waren völlig am Ende. Ich funktionierte trotzdem weiter wie eine Maschine, einfach immer weiter. Im Fahrstuhl sah ich immer aus dem Fenster und sammelte mich immer noch mal kurz, um Ruhe zu bewahren und um Kraft zu tanken. Vielleicht auch um meine Tränen und Angst einfach weg zu lächeln. Für Papa muss ich stark bleiben, dass sagte ich mir immer und immer wieder.
Oben angekommen ging ich den Flur entlang, zu Papa seinem Zimmer. Vor dem Betreten seines Zimmers desinfizierte ich mir immer meine Hände. Alle in meiner Familie taten das. Ich klopfte an die Tür und sah meinen Vater völlig hilflos im Bett liegen und sich doch freuend mich zu sehen. Ich lächle ihn an, obwohl ich eigentlich schreien und heulen will, was machen die mit meinen Vater?! Ich trete ins Zimmer ein und begrüße meinen Vater und gebe ihm einen Kuss.
Er liegt viel zu weit unten im Bett. Das war ein gewohnter Anblick und wir beide waren schon ein eingespieltes Team, so zog ich ihn wieder in die richtige Position, dabei musste ich die Bettdecke wegnehmen. Was ich eh immer tat, denn wir haben ja immer massiert, Bewegungsübungen und Lagerung gemacht. Ich dachte nur was ich jetzt hier wieder sehe, das kann einfach nicht wahr sein! Ich sah in seinem Bett ein kleines Kissen. Ein Kissen welches ich den Abend zuvor gegen 21 Uhr selbst, also eigenhändig in den Mülleimer tat!!!! Ein Kissen was mit Blut und anderen Sekreten beschmutzt war und welches nicht waschbar ist, deshalb tat ich es in den Mülleimer.
Ich war so wahnsinnig wütend. Ich meckerte und fluchte nun im Zimmer. Papa meinte immer nur: ,,Tammy bitte beherrsche dich.“
So massierte und bewegte ich meinem Vater die Beine, schluckte all meine Wut runter und wandelte sie in Energie um. Danach räumte ich das Zimmer auf. Ich brachte ca. 5 Flaschen Wasser, eine Nierenschale, eine Waschschüssel, ein Steckbecken, 2 Deckel und was alles noch so rum lag raus. Ich war so sauer, dass ich mit all dem Kram im Arm auf den Flur lief, doch nirgends war ansatzweise Personal zu sehen und irgendwie hat es mir jetzt gereicht. Ich ließ einfach alles fallen. Da diese Utensilien aus Metall bestehen machte es einen riesen Krach. Zu mir gesagt hat niemand etwas und ich ging einfach schnell zurück zu meinem Vater ins Zimmer und habe ihn fertig versorgt. Anschließend meinte ich dann zu ihm, dass ich jetzt gehen muss, bevor ich ausraste und fuhr nach Hause, wo ich weinend zusammen gebrochen bin.
In meinem Kopf war immer dieses ,,Tue was!”, nur was? Ich rief meine Mama an und habe sie gebeten zum Feierabend mit mir gemeinsam zu meinem Vater in das Krankenhaus zu fahren, da ich das mit dem Kissen ansprechen muss und möchte.
Erstens hätte ich, wenn ich dieses Gespräch gleich geführt hätte, heute keinen Zeugen und zweitens war ich viel zu wütend und hätte den Arzt und die Pfleger vermutlich beleidigt oder keine Ahnung was getan. Mama hat mich dann nach der Arbeit abgeholt und wir fuhren gemeinsam zu Papa. Als erstes gingen wir wieder in sein Zimmer und kaum angekommen, sahen wir wieder ein Ding der Unmöglichkeit!!! Der Infusionsgeräteständer stand mitten auf dem Beutel der Drainage, der liegend auf dem Fußboden lag.
Ich bat meine Mutter nun, dass wir jetzt zum Schwesternzimmer gehen, denn ich war so wütend. Kaum da angekommen, entschuldigte ich mich auch schon wieder bei ihnen und äußerte, dass ich mittlerweile echt wütend bin. Erst auf der anderen Station hat man bei meinem Vater die komplette Wunde offen liegen lassen, sie lag an meinem Geburtstag als Überraschung völlig frei. Plötzlich stand der Arzt hinter mir, ich äußerte ,,wunderbar, der Arzt” und schilderte ihm diesen Vorfall (mit dem Kissen). Er meinte nur, solche Kissen haben die hier im Krankenhaus nicht. Mit diesem Satz schoss mein Puls in die Höhe und jede Muskelfaser in mir spannte sich an. Ich spürte meinen eigenen Herzschlag und bat den Arzt, mir ins Zimmer zu folgen. Ich werde ihm dieses Kissen zeigen.
Nun standen wir zu dritt vor meinem Vater seinem Bett und ich rede sachlich aber angespannt und laut. Ich äußerte Dinge wie:,,Nur weil mein Vater Krebs hat, heißt es nicht, dass man ihn so würdelos behandeln kann, ein Kissen aus dem Müll zu holen und es in sein Bett zu legen ist schon die Krönung, dann brauchen wir uns auch nicht wundern, wenn er ein Infekt nach dem anderen bekommt. Ich kämpfe seit Jahren für ein Bewusstsein, wegen dieser Keime und lebe selbst vegan, ich möchte wissen, um welche Keime es sich handelt.“ Da Papa und Mama mich tadelten, ich solle mich beherrschen, gab mir der Arzt sogar recht und entschuldigte sich immer wieder. Am Ende des Gespräches, sank der Kopf des Arztes immer weiter zu Boden und ich rannte nur noch an ihm vorbei, zur Zimmer-Toilette und übergab mich.
Fortsetzung folgt.
Ende Teil 4