Neben all dem Stress im Krankenhaus gab es auch eine ganze Menge anderen Stress. Ich machte 2 oder 3 kleine Auto-Unfälle und meine Oma konnte plötzlich nicht mehr auftreten. In das geparkte Auto von meinem Vater ist ein Auto rein gefahren und die Firma musste weiter geführt werden. Meine Cousine fuhr mit meiner Oma ins Krankenhaus (ein anderes) und wurde dann von den Ärzten und Schwestern, ohne dass diese ein Röntgenbild tätigten angemeckert, was ihr denn einfällt – wegen so etwas ins Krankenhaus zu kommen. Meine Oma ging dann zu einem Chirurgen, mit einer Praxis. Dieser war der Meinung, es handelt sich um eine Arthrose und verpasste Oma mehrere spritzen ins Knie.
Meiner Oma kam das alles merkwürdig vor und sie äußerte, dass der Arzt ihr weder zugehört, noch sie richtig untersucht hat. Oma ist deshalb zu einem anderen Arzt gegangen, der ein sogenanntes MRT gemacht hat. Ergebnis: mehrfach-Bruch der Kniescheibe – Oma muss operiert werden und braucht ein komplett neues Knie-Gelenk – und das Krankenhaus hat sie angemeckert und Heim geschickt, “echt klasse”. Ich hab, nebenbei, schriftlich die Akte von Papa aus dem Krankenhaus beantragt und immer wieder gehofft, dass wir das schaffen, denn Papa sein Wunsch war es zu Hause zu sterben.
Das Wetter wurde immer wärmer und mit Papa waren wir, seit er von mir und meiner Schwester mobilisiert werden konnte, jeden Tag draußen. Ich war dann oft mit Papa in einem Supermarkt, oder wir waren in einem Café oder Imbiss, alles was wir im umliegenden Kreis nutzen konnten, dass taten wir auch.
Nun kam der Tag an dem ich die Zimmertür meines Vaters öffnete und meinen eigenen Vater nicht mehr erkannt habe. Dieses Gefühl kann ich gar nicht beschreiben, es ist so hart, einen seiner geliebten Menschen so zu sehen. Er war völlig ödematös (Wasser im Körper) geschwollen, völlig hilflos und leidend. Sein Gesicht, die Arme, Bauch und Beine alles war aufgeblasen wie ein Ballon. Ich gab ihm wie immer einen Kuss und presste anschließend meine Lippen gegen seine Stirn, ich merkte sie ist kochend warm. Papa hat Fieber. Papa hat immer sehnsüchtig auf mich gewartet, endlich kommt jemand, der seine Beine bewegt. Auch in dem jetzigen Zustand tat ich das.
Ich massierte die Arme und Beine und strich immer in Herz-Richtung, um das Wasser aus sein Körper zu drücken. Das klappte auch ziemlich gut, ganze 1,5 Liter waren im Urinbeutel und das nur seit wir bewegt und massiert haben und Papa äußerte immer: ,,Oh ist das schön.“ Vorher, zwischendurch und danach machte ich Wadenwickel, um die Körpertemperatur meines Vaters zu senken, auch das klappte wunderbar.
Die Probleme mit dem Stuhlgang, verursacht durch die Medikamente, haben die Ärzte mit ihren ganzen weiteren Medikamenten und deren Nebenwirkungen nicht “in den Griff bekommen”. Erst als die Mutter von Papa, also Oma, getrocknete Pflaumen brachte, regelte sich alles wieder von alleine. Opiate wurden nach der ersten Operation nicht mehr benötigt.
Ich diskutierte mit dem Arzt, der mir immer noch erklärte, dass mein Vater keine resistenten Keime hat. Ich fragte ihn warum mein Vater dann Reserve-Antibiotikum verabreicht bekommt? Doch erhielt keine konkrete Antwort. Es war immer ein “drum-herum-Gerede” und bis zum Ende wurde er auch nicht isoliert!
Papa ging es wieder besser und jeder im Krankenhaus fragte meinen Vater, wer ich bin, was ich mache und so weiter. Ihm war das schon sehr unangenehm und ich entschuldigte mich bei ihm aber dass ich dafür ja nichts kann. Ein paar Tage später kam eine Schwester ins Zimmer und steckte Papa eine Infusion oder so an und schaute mich mit strahlenden Augen an und fragte direkt: “Hey, sag mal, was machst du eigentlich”?
Ich erklärte: ,, Ich bin Pflegefachkraft, zur Zeit aber krank geschrieben. Ich bin auch Pflegedienstleitung und lebe halt einfach vegan. Setzte mich leidenschaftlich gerne für alles mögliche ein, wie Tiere, Natur, Pflege ….“
Sie meinte: ,,Wow, ich hab seit meiner Ausbildung noch nie eine Angehörige gesehen, die sich so um ihren Angehörigen kümmert. Ich spreche dir meinen größten Respekt aus.“
Ich war ihr so dankbar, gar nicht mal wegen mir, sondern weil Papa das hörte.
Seit meiner veganen Lebensweise werde ich überall behandelt wie ein Lebewesen, von einem anderen Planeten. Ich bin doch schließlich verrückt, weil ich keine Tiere esse und mit mir stimmt was nicht. Mobbing im Internet, Rechtfertigung in der Schule, auf Arbeit, bei Freunden und in der Familie warum ich lebe, wie ich lebe. Das tut wahnsinnig weh. Von Kopf bis Fuß werde ich dann begutachtet und es wird nach den kleinsten Fehlern gesucht, um sie mir zu präsentieren. Ich bin nicht perfekt, werde es nie sein und möchte es auch nicht. Selbst wenn ich der einsamste Mensch bin, nur weil ich keine Tiere konsumiere, dann ist das so. Tiere sind schon immer meine Freunde und diese isst man nicht! Für mich stellt sich auch nicht die Frage, ob es mir schmeckt, sondern ob es fühlt!!! Gewiss, das tun sie!!! Sie leiden nicht weniger als wir und ihre Augen, wenn ich sie in Videos sehe, dann sehe ich die selbe Angst, den selben Schmerz und das selbe Leid, was ich in Papa seinen Augen sah!!!
Papa äußerte, dass sie ihn hier umbringen und vergiften, seht ihr so schnell kann es gehen!! Das alles waren täglich seine Worte. Ich hätte niemals geglaubt, das alles mal von meinem Vater zu hören. Papa hat einige Tabletten weggeworfen, ich fand es gut. Papa ging es immer besser, weshalb ich darauf drang, dass er endlich nach Hause kann. Ein Problem stand uns nun wieder bevor, da sie Papa statt einen Port einen ZVK gelegt hatten, muss er nun wieder operiert werden. Der ZVK musste gleich nach Umzug auf der neuen Station gezogen werden, denn er hatte sich entzündet, was auch kein Wunder war, denn auch hier wurde dieser nicht richtig versorgt und so kam es auch dazu, dass ein Kumpel meines Vaters, der auch Krankenpfleger ist, Verbandsmaterial von Station besorgt hat und meinen Vater einen anständigen Verbandswechsel machte, um mit ihm vor die Tür zu können.
Ich wurde immer dünner, mein Herz raste durchgehend im Marathon, ganz vorne an der Spitze. Schlafen war nie möglich, nur das was mein Körper zum Überleben gebraucht hat. Monate lang schlief ich gerade Mal, zwischen 1 Stunde und 5 Stunden. Die Sozialarbeiterin aus dem Krankenhaus machte mich dämlich an, weil ich schon einige Sachen erledigt hatte. Die Ärzte und Schwestern standen hier mal hinter mir und ich bekam eine Krankenschwester aus dem Bereich Entlassungsmanagement, diese Verstand ihre Kollegin nicht und freute sich, so eine Kooperation mit mir zu haben und dass ich schon so viel erledigt hatte.
Endlich kann es nicht mehr lange dauern, bis Papa wieder nach Hause kann. Nun sind alle Pflegehilfsmittel beantragt und das Bett kommt endlich bald. Die Ärzte haben für Papa sogar einen Reha-Platz gefunden und ihn da auch schon angemeldet.
Ich betete jeden Tag und war wieder positiver Dinge, denn ich konnte ja nicht erahnen, dass alles wieder von vorne los geht. Die OP-Narbe wollte nun nicht heilen und die Chirurgen wollten Papa deshalb noch nicht nach Hause lassen, seit der letzten Operation machte die Versorgung der Wunde, nur noch einer der Chirurgen selber. Da ich ich ja so gut wie immer da gewesen bin, war ich einmal anwesend, als ein sehr lieber und einfühlsamer Arzt versehentlich einen Fehler machte. Er desinfizierte Papa seine Narbe mit alkoholischer Desinfektion, was höllisch brennt. Dem Arzt tat es furchtbar leid und Papa und auch ich sind keine Unmenschen, Entschuldigung angenommen.
Die Flasche stand auch in Mitten des Verbandsmaterials auf dem Tisch und sah identisch aus, wie die Desinfektion ohne Alkohol. Wir sind alle nur Menschen und wir alle machen mal Fehler. Die Schwestern hatten nichts besseres zu tun, als sich über den Arzt lustig zu machen. Papa und ich hörten alles, sie lachten auf dem Flur laut und äußerten Sprüche über den Arzt und seinen Fehler.
Ha, ha, ha wie lustig (Ironie). Mir tat nun der Arzt und auch mein Vater leid. Mein Vater, weil er vermutlich verunsichert ist, ob der Arzt gut ist und der Arzt, der mein Vater versorgen muss und gleichzeitig mitbekommt wie wir alles hören, was draußen passiert. Dabei war der Fehler, der passiert ist schlimm genug für alle Beteiligten.
Der Port sollte nun bald gelegt werden. Papa und ich wurden zur Anmeldung geschickt und taten dies auch. Vor Sorge meckerte ich Papa an diesem Tag an und es tut mir bis heute furchtbar leid. Ich massierte ihn wieder, zog ihn an, mobilisierte ihn und bat darum, dass er seine Hände im Rollstuhl lässt und mich schieben lässt. Ich erklärte ihm, dass er sonst immer mit seinem Arm und dem Zugang daran gegen die Reifen kommt und er sich diesen sonst noch versehentlich zieht. Da wir nicht genau wussten, wo wir hin mussten, bat ich meinen Vater kurz zu warten. Dachte es geht schneller, wenn ich allein gucke, wo wir denn nun hin müssen. Ich war gar nicht lange weg, nicht mal 2 Minuten und kaum erblickte ich den Fleck an dem mein Vater stand, sah ich nichts. Nur wenige Meter weiter, entdeckte ich Bluttropfen, also folgte ich der Spur und sah mein Vater sich fortbewegend im Rollstuhl sitzend, nicht mal merkend, wie stark er denn blutet. Nun meckerte ich meinen Papa an, wie eine Mutter ihr Kind, wenn es sich in Gefahr bringt.
Wir gingen zurück zur Station und ein neuer Zugang wurde gelegt und anschließend erledigten wir dann die Anmeldung. Jetzt müssen wir nur noch durchhalten und dann geht es endlich nach Hause. Der Arzt meinte bei Einzug auf die neue Station:,,Herr Hentschel, Weihnachten verbringen sie definitiv, in diesem Jahr, mit ihrer Familie zu Hause.”
Danke, dass wir das nun ,,definitiv” dieses Jahr nicht tun werden (schon wieder Ironie).
Fortsetzung folgt.
Ende Teil 6.